Wie es ist? Die Antwort kennst nur Du!

" Ach, wie gut doch alles gelaufen ist! Stimmt`s?"

" Das war doch gar nicht so schwer..."

" Das ging aber schnell!"

"Es ist sicher schon besser..."

"Das ist doch ein Trost, für dich, dass alle gesund sind"

"So lange/beschwerlich/mühsam/ermüdend ....war das doch gar nicht!"   oder

"Für dich muss das ja furchtbar gewesen sein"!

"Ein echter Kampf!"

"Das sind jetzt aber nicht nur die Hormone!"

 

......

 

Wie schnell wir doch verunsichert sind, wenn wir Worte hören, die UNSER Empfinden beschreiben wollen.

Fragen wirbeln auf:

 

"Könnte es sein, dass ich mit meinen Gefühlen doch nicht richtig liege?

Übertreibe ich oder spiele ich Gegebenheiten herunter?

Möglicherweise haben andere ein objektiveres, nüchteres Auge, die Dinge zu betrachten... und könnte mir diese Betrachtungsweise nicht auch hilfreich sein?

Bin ich in meinen Muttergefühlen zu eingeschränkt, zu hormongesteuert, zu weich, zu emotional?"

 

Der kritische Blick fällt zu allererst auf mich.

"Möglicherweise habe ich auch etwas nicht verstanden, nicht gewusst, nicht recherchiert, nicht nachgelesen.

Vielleicht wissen es andere, Fachkräfte, erfahrene Mütter.....doch besser und ich muss erst in meine Rolle hineinwachsen."

 

Die kritische Stimme weiter: "Andere schaffen es doch auch. Und beklagen sich nicht!"

"Kann sein, dass mein Blick auf das Erlebte falsch oder verzerrt ist."

"Ich verlasse mich nicht mehr auf mein Gefühl! Es kann doch nicht stimmen, wenn jeder anderer Meinung ist!"

 

 

Gerade nach Schwangerschaft und Geburt, in der Stillzeit, in den ersten Jahren der Mutterschaft, dann später, an den Meilensteinen der Entwicklung unserer Kinder, sind wir offener, verletzlicher und empfänglicher für Ideen, Bewertungen und Kommentare anderer.

Berührt von der Aufgabe, ein Kind begleiten zu dürfen, dabei Eltern zu sein und Paar zu bleiben, lässt uns auch den Blick nach außen werfen, wie andere Paare diese Umstellungen meistern, wie sie darüber reden und welche Gedanken sie dazu haben.

Wir beschäftigen uns mit Büchern, Ratgebern, Blogs :) und möglicherweise auch mit den Strategien der Herkunftsfamilie.

Wir fragen in den Spielgruppen, in den Stillgruppen und in den Familienrunden und sind erleichtert, wenn sich die Gefühle zu änlichen Erlebnissen zu decken scheinen....

 

....und geben so ein Stück Überzeugung auf.

 

Die Überzeugung, dass mir keiner nehmen kann, wie mein Geburtserleben FÜR MICH war. Wie ICH die ersten Tage und Wochen erlebt habe. Welche Bedeutungen, Erklärungen ICH zu dieser Zeit gefunden habe.

Diese Reflexion nach innen, dieses unverzerrte, native Gefühl zum Erlebten kann kein anderer (er-)leben oder erfühlen.

Es kann auch nicht gut, wahr oder falsch sein. Es ist ganz einfach da. Es drängt sich auf, ist präsent und will gesehen und gelebt werden.

Es ist ein Richtungsweiser und gibt Hinweise darauf, dass diese Gefühle FÜR UNS, FÜR MICH Sinn machen.

Möglicherweise weiß ich noch nicht, in welche Richtung ICH mich entwickeln, in welche Richtung in 2 Monaten sehen werde.

Aber es ist sinnvoll, das Er- lebte zu leben, mit der Überzeugung und der Gewissheit, dass es ein Teil von mir ist, der nicht von anderen beurteilt werden kann.

 

Es ist schlicht nicht möglich!

 

Ich wünsche mir viel Raum und Zeit, mit mir in Kontakt zu gehen, wenn immer mich meine Stimmen eines Besseren belehren wollen, dass meine Gefühle keinen Sinn machen.

Ich wünsche uns viel Austausch mit Menschen, Freunden und Familien, die mit unseren Erzählungen sorgsam umgehen.

Ich wünsche mir einen sparsamen Umgang mit Bewertungen und Erklärungen,  wenn es gerade schwierig ist.

 

Ich wünsche mir Tränen, wenn sich Tränen aufdrängen,

Traurigkeit, wenn sich Traurigkeit breit macht,

Heiterkeit, auch wenn sie gerade unpassend erscheint, 

Berührtheit, die wieder sichtbar werden darf.

 

Und Ihr?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Susa (Mittwoch, 03 März 2021 12:15)

    Mein Sohn ist 29 Jahre alt. Hätte ich doch damals diese Zeilen geschickt bekommen!
    Ich war so überfordert und verloren damals. Ich fühlte mich der Situation trotz Geburtsvorbereitung und all der Literatur die ich dazu lesen konnte unvorbereitet ausgeliefert. Die Realität hatte mit den Vorstellungen und Plänen davor nix gemein.
    Sich selber in all seinen Emotionen ernst nehmen und so auch gesehen werden hilft mehr als jeder Ratgeber.